Freitag, 31. Oktober 2014

Sloterdijk und die Steuern

Um die Prozeduren der zeitgenössischen Fiskalität zu würdigen, ist daran zu erinnern, daß sie noch immer in direkter Kontinuität aus den absolutistischen Traditionen hervorgehen. Ein solches System bleibt darum auch für eine demokratische Gesellschaftsordnung inakzeptabel, da auch heute noch die materiellen beziehungen zwischen Staat und Bürger fast ausschließlich von oben her gestaltet werden. Sollte es je zu einer demokratischen Metamorphose kommen, müßte der Fiskus seine Zugriffe auf Bürgervermägen den veränderten Verhältnissen in Theorie und Praxis anpassen. Erkennen würde man dies daran, daß die faktisch gebende Seite auch rechtens als gebende verstanden würde, und nicht bloß als schuldende. Folglich müßte die gebende Partei in allen Phasen des fiskalischen Prozesses, von der Vereinnahmeung bis zur Verausgabung, auf angemessene Weise involviert werden – weit über die heutigen Üblichkeiten der >>Haushaltspolitik<< hinaus.

Peter Sloterdijk, Die nehmende Hand und die gebende Seite (Suhrkamp, 2010), 20.

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