Um die
Prozeduren der zeitgenössischen Fiskalität zu würdigen, ist daran zu erinnern,
daß sie noch immer in direkter Kontinuität aus den absolutistischen Traditionen
hervorgehen. Ein solches System bleibt darum auch für eine demokratische
Gesellschaftsordnung inakzeptabel, da auch heute noch die materiellen
beziehungen zwischen Staat und Bürger fast ausschließlich von oben her
gestaltet werden. Sollte es je zu einer demokratischen Metamorphose kommen,
müßte der Fiskus seine Zugriffe auf Bürgervermägen den veränderten
Verhältnissen in Theorie und Praxis anpassen. Erkennen würde man dies daran,
daß die faktisch gebende Seite auch rechtens als gebende verstanden würde, und
nicht bloß als schuldende. Folglich müßte die gebende Partei in allen Phasen
des fiskalischen Prozesses, von der Vereinnahmeung bis zur Verausgabung, auf
angemessene Weise involviert werden – weit über die heutigen Üblichkeiten der >>Haushaltspolitik<<
hinaus.
Peter Sloterdijk, Die nehmende Hand und die gebende Seite (Suhrkamp, 2010), 20.
Peter Sloterdijk, Die nehmende Hand und die gebende Seite (Suhrkamp, 2010), 20.